Schienbeinkantensyndrom - schmerzfrei zurück ins Laufen
Evidenzbasierte Physiotherapie bei Ihnen zu Hause in Düsseldorf, Köln und Umgebung.
Auf einen Blick
Was ist das Schienbeinkanten-syndrom?
Überlastungsbedingte Knochen-Stressreaktion an der medialen Schienbeinkante (“Shin Splints”/“MTSS”). Spektrum von Reizung bis (selten) Stressfraktur. Bildgebung meist nicht nötig – nur bei atypischem Verlauf/Frakturverdacht.
Typische Symptome
Diffuser, belastungsabhängiger Schmerz entlang eines > 5-cm-Abschnitts der medialen Tibia, Druckempfindlichkeit, oft beidseitig. Zunahme bei schneller Umfangs-/Intensitätssteigerung, hartem Untergrund oder abgenutzten Schuhen; Besserung in Ruhe.
Prognose
Gut mit Laststeuerung und gezieltem Kraft/Technik-Training. Rückkehr zum Lauftraining meist innerhalb von Wochen, Rückfälle bei zu schneller Steigerung.
Was kann ich noch heute tun?
Laufbelastung reduzieren/modifizieren (kürzer, flacher, weicher Untergrund); schmerzfreie Alternativen(Rad/Schwimmen). Alltag mit Mikropausen strukturieren, Waden-/Fuß- & Hüftkraft sowie Schrittkontrolle/Kadenzbehutsam aufbauen. Tape/Einlagen nur ergänzend – ersetzen nicht das Training.
Was ist das Schienbeinkanten-syndrom?
Überlastungsbedingte Knochen-Stressreaktion an der posteromedialen Tibiakante (meist innen/mittleres Drittel). Der Schmerz entsteht durch gesteigerte Knochenbelastung mit Reizung der Kortikalis/Periost – kein reines Muskel-/Sehnenproblem. Typisch ist eine diffuse Schmerzstrecke (> 5 cm). Bildgebung ist initial meist nicht nötig; sie dient bei atypischem Verlauf oder Stressfraktur-Verdacht der Abklärung. Mit Laststeuerung und Kraft/Technik ist die Prognose gut.
Typische Symptome
Dumpfer, belastungsabhängiger Schmerz entlang einer längeren Strecke der medialen Schienbeinkante.
Zunahme bei Laufen/Springen, Gefälle/Berge, hartem Untergrund; Besserung in Ruhe, gelegentlich „wärmt es sich ein“ und kommt nach Belastung wieder.
Druckschmerz entlang der posteromedialen Tibia; häufig beidseitig.
Warnhinweis (DD): punktueller Schmerz < 5 cm oder Nachtschmerz → Stressfraktur abklären; Kribbeln/Kraftverlust → an (Belastungs-)Kompartmentsyndrom denken.
Ursachen und Risikofaktoren
Trainingsfehler: rasche Steigerung von Umfang/Intensität/Hügeln, zu wenig Erholung, harter/wechselnder Untergrund.
Biomechanik: ausgeprägte Überpronation/hoher Navicular-Drop, eingeschränkte Waden-/Sprunggelenksfunktion.
Kraft/Belastbarkeit: reduzierte Waden- und Hüft-/Rumpfkraft (Stoßdämpfung, Schrittkontrolle).
Risikofaktoren: weiblich, höherer BMI, vorangegangenes MTSS, abgenutztes/ungeeignetes Schuhwerk, schnelle Wettkampf-/Saisonumstellung.
Diagnostik (inkl. Differenzialdiagnosen)
Klinik: längs ausgedehnter Druckschmerz an der posteromedialen Tibialeiste (meist ≥ 5 cm), belastungsabhängig; Anfangs kein Ruheschmerz. Verlaufs-/Trainingsänderungen erfassen.
Bildgebung: nicht routinemäßig. Röntgen meist unauffällig. MRT/Szintigram erwägen bei Verdacht auf Stressfraktur, anhaltendem Ruheschmerz/Schwellung, unklarem Verlauf oder fehlender Besserung nach mehreren Wochen. Ultraschall kann periostale/Weichteil-Reizung zeigen, hat aber v. a. ergänzenden Stellenwert.
Differenzialdiagnosen: Tibia-Stressfraktur (punktueller Knochenschmerz, evtl. Nacht-/Ruheschmerz), Chronisches Exertionelles Kompartmentsyndrom (Spannungsgefühl, neurologische Zeichen, Besserung in Ruhe), Tibiaposterior-/Peronealsehnenprobleme, Nervenengpass (z. B. Tarsaltunnel), Gefäßursachen (selten).
Therapie – evidenzbasiert
Ziele: Schmerz senken, Gewebstoleranz aufbauen, sichere Rückkehr ins Laufen; Rückfallprävention durch kluge Laststeuerung, Kraft & Technik.
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Lastmanagement: Umfang/Intensität graduell erhöhen (Richtwert 10–20%/Woche), Spitzen(Sprünge/Berge/Tempo) vermeiden, Erholung einplanen (24–48h-Reaktionsregel).
Modifizieren statt pausieren: flache/weiche Untergründe, kürzere, häufigere Läufe; Alternativen (Rad/Aqua), um Fitness zu halten.
Risikofaktoren adressieren: Schuhwerk prüfen, Schrittfrequenz leicht erhöhen, Technik-Coaching; Ziel = rezidivarme Rückkehr.
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Sanfte ROM/Mobilität angrenzender Strukturen (Sprunggelenk-Dorsalflexion, Waden, Hüfte) toleranzbasiert – kein aggressives Dehnen.
Gehen in kurzen, häufigen Blöcken; Lauf-Wiedereinstieg schmerzarm und stufenweise.
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Wadenkraft : isometrisch → langsam exzentrisch/konzentrisch, beid-/einbeinig.
Fuß/„Intrinsic“ & Schienbein: Fußgewölbe-/Zehenübungen, kontrollierte Dorsalflexions-Drills.
Hüfte/Rumpf: Abduktoren/Extensoren zur Beinachs-/Stoßdämpfungs-Kontrolle (Lateralschritte, Hip-Hinge, Step-downs).
Progression: Volumen/Widerstand/Komplexität in kleinen Schritten, Reaktion ≤ 24–48h beobachten.
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Einlagen bei ausgeprägter Überpronation erwägen (Druckverteilung/Komfort) – ergänzend zum Training.
ESWT: Option bei chronischem Verlauf zusätzlich zum strukturierten Aufbau; Evidenz gemischt → Nutzen/Kosten individuell abwägen.
Medikamente (ärztlich): kurzzeitig symptomorientiert; ersetzen kein Lastmanagement/Training.
Operation: bei MTSS selten; nur bei anderer Diagnose (z. B. Stressfraktur/CECS) relevant.
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Kühlen nach Belastung; Kompressionsstrümpfe situativ; Taping/Bandage nach Bedarf – ergänzend, nicht ersetzend.
Kurz und oft bewegen statt langem Sitzen/Stehen; Alltagslasten staffeln; Symptom-/Belastungstagebuch führen.
Selbsthilfe:
Heute und diese Woche
Heute:
Laufbelastung reduzieren/modifizieren (kürzer, langsamer, flach) oder schmerzfreie Alternativen (Rad/Aqua/Gehen) nutzen; Alltagsbelastung staffeln; Kühlen/Wärme nach Vorliebe; 24–48h-Reaktionsregel beachten; sanfte Waden-/Fußaktivierung ohne Schmerzprovokation; Schuhe/Schnürung/Untergrund prüfen.
Diese Woche:
2–3 Kraft/Technik-Einheiten (Wade/Schienbein/Hüfte, Beinachsenkontrolle) + 2–3 Ausdauer-Einheitenalternierend; Umfang nur in kleinen Schritten (≈10–20 %/Woche) steigern, wenn die Reaktion ≤24–48h bleibt; Schrittfrequenz leicht erhöhen testen, Downhills/harte neue Strecken vorerst meiden; Schuhwerk variieren; Einlagen nur bei deutlicher Überpronation und nach fachlicher Beratung ergänzend erwägen.
mögliche Komplikationen
Stressfraktur der Tibia bei fortgesetzter Überlastung ohne Anpassung.
Chronifizierung mit wiederkehrenden Belastungsflares bei fehlender Steuerung/Erholung.
Übersehene andere Ursachen bei atypischem Verlauf (z. B. Kompartment-Syndrom, Nerven/Gefäße, andere Ermüdungsbrüche) → ärztlich abklären.
Meist gestellte Fragen
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Ja, modifiziert (kurz, flach, schmerzarm). Bei Zunahme: reduzieren/pausieren und Alternativen wählen.
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Meist nein. Bildgebung bei Stressfraktur-Verdacht/Kompartment oder unklarem Verlauf.
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Bei ausgeprägter Überpronation können sie die Druckverteilung verbessern; immer ergänzend zu Training & Laststeuerung.
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Beides hat Platz; Haupthebel sind Waden-/Hüftkraft, Beinachsenkontrolle, Belastungssteuerung; Dehnen toleranzbasiert und nur wenn es subjektiv angenehm ist.
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Oft Wochen bis wenige Monate, abhängig von Ausgangsniveau, Risikofaktoren und konsequenter Steuerung.
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Starten mit kurzen, flachen Einheiten oder Alternativen (Rad/Aqua). Steigere erst, wenn die Beschwerden weder während noch am Folgetag zunehmen. Erweitere zuerst den Umfang, dann Tempo/Hügel; harte Untergründe/Downhills erst später. Parallel 2–3×/Woche Waden-/Schienbein-/Hüftkraft und Technik ergänzen.
Kontakt
Dimitrios Rallis – Physiotherapeut
Düsseldorf, Ruhrgebiet, Köln und Umgebung
info@physio-dr.de
(+49) 152 036 386 23
Oder schreiben Sie mir eine Nachricht bei WhatsApp.
Literatur
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Letzte Aktualisierung: August 2025
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